„Was ist Wahrheit?“ (Joh. 18,38) fragte schon der Statthalter Pilatus, als er Jesus verhörte. Wahrheit war für ihn relativ. Wahr war, was ihm nützte. Er war bereit, die Wahrheit aufzugeben: „Ich finde keine Schuld an ihm“ (an Jesus), weil ihn die Wahrheit viel gekostet hätte. Genauso handeln heute viele Menschen. Und doch sehnen sich viele in einer unsicheren und mehr und mehr chaotischen Welt nach der Wahrheit. Wir brauchen die Wahrheit, um leben zu können, und wir haben die Wahrheit und das Leben in Jesus Christus! Die Wahrheit in Jesus ist Gottes Gabe an uns, und verbunden damit ist die Aufgabe, dies der Welt weiterzusagen. Aber die Wahrheit kostet ihren Preis!
Der Apostel Paulus schrieb an seinen Mitarbeiter Timotheus (1. Tim. 3,14–16): „Dies schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen; wenn ich aber zögere, damit du weißt, wie man sich verhalten muss im Hause Gottes, das die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, die Säule und Grundfeste der Wahrheit. Und anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Der offenbart worden ist im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen, geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit.“
Folgende Bilder oder Vergleiche gebraucht das NT für die Gemeinde: Gottes Bau / Gottes Ackerfeld / Gottes Haus / Behausung im Geist / Gottes Tempel / sein Leib / seine Braut / Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit / Leuchter / Gottes Herde.
Haus des lebendigen Gottes
Timotheus war z. Zt. dieses Briefes in Ephesus (ca. 63 n. Chr.). Eines der sieben Weltwunder der Antike war der Tempel der Artemis in Ephesus. Als Paulus seinerzeit in Ephesus diese Gemeinde gründete (ca. 53 bis 56 n. Chr.), da gab es den Aufruhr, verursacht durch einen Silberschmied Demetrius, der silberne Tempel der Göttin Artemis machte und durch Paulus sein Geschäft bedroht sah. Die Botschaft von Paulus beschreibt dieser so, dass er sage: „dass das keine Götter sind, die mit Händen gemacht werden“ (Apg. 19,26). Die Wahrheit ist offensichtlich. Von Menschen gemachte Götter sind tote, stumme Götzen, die weder wahr (echt) sind noch helfen können.
Dagegen ist Jesus, der von Gott gesandte Retter, der Weg zurück zu Gott, und Wahrheit und Leben für jeden Menschen. Er kam aus der Ewigkeit in die Zeit und ging zurück in die unsichtbare Herrlichkeit Gottes, um uns den Weg dorthin zu ebnen. Das fasst V. 16 genial zusammen (s. o.). Und wer diesen Jesus als seinen Herrn angenommen hat, der ist durch Gott lebendig gemacht und gehört zum Haus des lebendigen Gottes. Und in diesem Haus gilt Gottes Hausordnung.
Im 1. Timotheusbrief sagt Gott, wie man sich verhalten muss im Haus Gottes (V. 15). Da stehen Anweisungen, z. B. über Gemeindeleitung (Kap. 3,1ff.), über Verkündigung (4,12ff.), für das Verhalten von Männern und Frauen in der Gemeinde (2,8–15), für den Kampf mit Irrlehrern (1,3ff. + 4,1ff.), über die Versorgung der Witwen, und über die Aufgaben einer christlichen Ehefrau (5,3ff.) u. a. m. Das soll hier nur beispielhaft für andere unbequeme, aber heilsame, biblisch bezeugte Wahrheit und zugleich befreiende Wahrheit genannt sein.
Wer so lebt, gilt manchen von gestern und heute als unfrei. Er lebt aber in Wirklichkeit unabhängig von zeitgeistlichem Irrtum und steht auf ewigem Grund. Halten wir das aus und durch, in jedem Bereich, den Gottes unfehlbares Wort anspricht!
Säule der Wahrheit
127 Säulen von 18 Metern Höhe trugen das Dach des Artemistempels in Ephesus. Die Gemeinde trägt kein Dach auf sich, sondern die Wahrheit in die Welt hinaus. Sie ist Trägerin und Verkündigerin des rettenden Evangeliums. Der Apostel schrieb an Timotheus: „Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu retten, von welchen ich der erste bin“ (1,15). Und weiter schrieb er von Gott, „welcher will, dass alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn einer ist Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst als Lösegeld gegeben hat, als Zeugnis zur rechten Zeit“ (2,4–6).
Ein Prediger sagte es so: „Die Gemeinde soll wie ein hoher Leuchtturm auf einem Felsen sein, der sein gleißendes Licht weit auf das aufgewühlte Meer hinausstrahlt und Menschen in Seenot den Weg zur Rettung weist. Sie ist aber auch wie ein großes Mahnmal, auf das sich alle Blicke richten und durch das die Wahrheit vom Kreuz in Erinnerung gerufen wird. Manche schämen sich für die Wahrheit, oder meinen, sie glätten zu müssen, um so Ungläubige zu erreichen oder das Licht des Leuchtturms etwas abzudunkeln, damit es niemanden zu sehr blendet.“ Hier braucht es Mut, weder das Evangelium zu verkürzen noch dem Zeitgeist anzupassen. Wie redet da ein Schaukasten am Gemeindehaus mit klarer Botschaft: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“– statt bloßen Veranstaltungshinweisen!
Ich bin begeistert, wenn ich in den Gebetsanliegen der mit EfA befreundeten Gemeinden lese, wie sie sich mühen, das Evangelium weiterzugeben, oder im Hauskreis höre, wie meine Geschwister das Evangelium weitersagen, und es beschämt mich zugleich. Kennt man uns und unsere Botschaft in unserer Umgebung?
Grundfeste der Wahrheit
C. H. Spurgeon sagt dazu: „Die Gemeinde ist hier nicht als der tiefste Grund der Wahrheit beschrieben, denn das Fußgestell des Pfeilers der Wahrheit ruht auf einem Felsen, und die Gemeinde ruht auf Gott, der ein Fels ist ewiglich. (Jes. 26,4)“. (Vgl. auch 1. Kor. 3,11; Eph. 2,20–22.) W. Barclay schreibt in seinem Kommentar: „Grundfesten sind Stützen von Gebäuden, deren Standhaftigkeit sie gewährleisten. In einer Welt, die der Wahrheit nicht ins Gesicht zu sehen wagt, die sie lieber aus dem Weg schaffen möchte, soll die Kirche die Wahrheit nicht nur für alle hochhalten, sondern gut stützen und gegenüber allen, die sie zu erschüttern trachten, in Schutz nehmen.“
Beim Studium des 1. Timotheusbriefes fiel mir auf, dass es sowohl eine Reihe von Anweisungen gibt, was und wie Timotheus als Evangelium verkündigen soll (1,10.15.17; 2,4–6; 3,16; 4,6.9–13.16; 6,11–16.20), als auch eine ganze Reihe Anweisungen zum Kampf gegen Irrlehre und sündiges Leben (1,3.18; 4,1.3.7; 6,3–4; 6,20–21). Die Gemeinde erweist sich als Grundfeste der Wahrheit, indem sie die Wahrheit Gottes durch ihr Vorbild und Beispiel bezeugt, aber auch, indem sie diese in Wort und Schrift verteidigt.
Leider ist das Evangelium in der aktuellen Situation maximal unter Beschuss (s. a. Artikel S. 8). Die Herausforderung für die Gemeinde, die Wahrheit in Liebe festzuhalten, ist über- menschlich, aber sie ist ja auch das Haus des lebendigen Gottes. Nehmen wir diesen Kampf auf und halten ihn durch! Die Auseinandersetzung gilt u. a. an Stellen, wo wir mit säkularen Gegenentwürfen konfrontiert werden: z. B. mit Abtreibung, Gender-Mainstreaming und der Preisgabe der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen; mit aktiver Sterbehilfe und Recht auf Suizid; mit Seelsorge an homosexuell empfindenden Menschen, der Ehe für alle, Kinderrechten – und möglichen Konflikten mit dem Erziehungsrecht der Eltern.
Der für uns immer gewaltlose Kampf um die Wahrheit kann noch sehr schmerzlich werden. Vielleicht wird die Verkündigung der Wahrheit in Zukunft im Zeugnis vor Gericht und im Erleiden von Schmach und Unrecht stattfinden müssen. Aber das alles ist zutiefst das Geheimnis der Gottesfurcht (V. 16) oder Ehrfurcht und echter Frömmigkeit, und es dient euch und ihnen (der Welt) zum Zeugnis (Mk. 13,9; Lk. 21,13)!
