Gemeinde ist reizarme Zone

Autor

Thomas Powilleit

Kategorie

Aus der Praxis

Magazin

1 / 2020

Ich saß am Sonntagmorgen in einer fremden Gemeinde. Neben mir hatte ein junger Mann Platz genommen. Er schaute den vorbeigehenden Frauen nach. Seine Meinung: „Es wäre schön, wenn sie bei ihrer Kleidung etwas mehr Rücksicht auf uns Männer nehmen würden.“​

Ich bin froh, dass es euch Frauen in unserer Gemeinde wichtig ist, eure Kleidung zu benutzen, um eure Reize zu bedecken und nicht aufzudecken, wie in der beschriebenen Situation. Männer sind blickorientiert und reagieren sehr schnell auf körperliche Reize. Nicht umsonst trifft Hiob die Entscheidung: „Einen Bund habe ich mit meinen Augen geschlossen. Wie hätte ich da auf eine Jungfrau lüstern blicken sollen?“ (Hiob 31,1) Aber wir leben in einer Welt, in der Männer mit dieser Einstellung ausgelacht werden. Wohin MANN auch schaut, wird er mit nackten Werbe- tatsachen konfrontiert. Das ist der tägliche Kampf eines gläubigen Mannes: der Versuchung zu widerstehen und nahe beim Herrn Jesus zu bleiben.

Ich schreibe diese Zeilen vor allen Dingen euch als Frauen in der Gemeinde. Auch wenn ihr unser männliches Betriebssystem nicht wirklich verstehen könnt (wie wir euch wohl auch nie in der Tiefe verstehen können), wünsche ich mir, dass ihr dieses Denken doch etwas nachvollzieht. Wir als Männer, die den Herrn Jesus lieben, wollen ihm gefallen und nicht unseren sexuellen Gedanken außerhalb einer Ehe nachgeben. Dabei könnt ihr uns sehr helfen. Indem ihr nicht nur, aber besonders in der warmen Jahreszeit darauf achtet, euch so zu kleiden, dass die Gemeinde eine reizarme Zone bleibt. Bei allen Dingen, nicht nur bei der Kleidung, muss die Frage sein: „Herr, gefalle ich dir?“ Denn das ist ja entscheidend, ob ich dem Herrn Jesus gefalle. Auch mit dem, wie ich mich anziehe.

Doch gerade wenn es um Kleidung geht, ist unser Empfinden manchmal sehr unter- schiedlich. Vieles zählt zum persönlichen Geschmack. Aber es gibt eine biblische Grenze. Wenn Kleidung sexuelle Gedanken fördert bzw. derartige Fantasien hervorruft, ist diese Grenze überschritten. Das ist dann keine Geschmacks- frage mehr, sondern Kleidung, zu der Gott ein klares NEIN sagt.

Hilfreiche Kriterien für Kleidung, zu der Gott JA sagt, können sein:

Wie durchsichtig ist meine Kleidung? Wenn bei Sonnenlicht besehen der Blick durch den Stoff möglich ist, muss man als Frau dafür sorgen, dass durch entsprechende Unter- kleidung die Sachen blickdicht werden.

Ein weiteres Kriterium: Wie figurbetont ist meine Kleidung? Es geht nicht darum, dass man mit Säcken durch die Gegend läuft, aber wenn enge Hosen oder Kleider die Rundungen des Körpers betonen, fördern sie sexuelle Fantasien. Hier kann man oft schon durch eine etwas weitere Bluse, die man drüberzieht, Abhilfe schaffen. Übrigens betrifft dieser Punkt auch Männer. Ich verstehe Frauen, die sich über manche engen Hosen der Männer beschweren, die alles abbilden, oder durch den breit- beinigen Sitz alles sichtbar machen.

Ein letztes Kriterium: Wie viel Haut kann MANN sehen? Wenn man heute schöne Kleidung oft nur mit weiten Ausschnitten bekommt, hilft ein daruntergezogenenes T- Shirt weiter. Das gilt auch für kurze Oberteile.

Ich denke, es ist klar, dass wir aufgrund dieses Kriteriums in der Gemeinde keine bauchfreie Kleidung wollen. Aber bei knapp bemessenen Oberteilen sind beim Bücken oft der Rücken und noch ganz andere Dinge einzusehen. Auch hier hilft ein T-Shirt, kein Anlass für sündige Gedanken zu sein. Der in der Geschäftswelt allgemein gültige Dresscode, ein Kleid- oder Rocksaum sollte maximal eine Handbreit über dem Knie enden, ist auch ein guter Richtwert für uns als Gemeinde.

Darf ich ehrlich sein?Es fällt mir nicht leicht, diese Gedanken zu schreiben. Zu erzählen, wie Männer manches Kleidungsstück von euch Frauen empfinden, was ihnen Mühe macht, was sie aber logischerweise nicht sagen können. Ich komme mir auch komisch vor, als Mann Tipps zu geben, wie Frau sich anziehen sollte. Zumal die Kriterien, über die ich geschrieben habe, weitgehend sowieso gelebter Gemeindealltag sind. Dafür bin ich auch sehr dankbar.

Aber ich merke auch, dass das Bewusstsein für manche Dinge etwas verschwimmt. Blickfallen, von denen ich geschrieben habe, sind mir auch schon in unserer Gemeinde gelegentlich begegnet. Dabei bin ich überzeugt, dass die Frauen, die das betraf, sich ihrer Wirkung gar nicht bewusst waren. Deshalb habe ich diese Zeilen geschrieben. Damit wir neu ein Bewusstsein dafür bekommen: Unsere Kleidung muss deutlich machen, dass wir zum Herrn Jesus gehören und IHM gefallen wollen.

Diese Zeilen sollen nicht verunsichern und schon gar kein gegenseitiges Kontrollieren bewirken. Sie sollen aber helfen, mit Jesus auch über die eigene Kleidung zu sprechen, wie auch über vieles andere. Klar ist mir auch, dass jemand äußerlich tadellos gekleidet sein kann, ohne dass die Beziehung zum Herrn stimmt.

Die Beschäftigung mit dem Äußeren der anderen kann auch von den eigenen geistlichen Problemen ablenken. In dem Fall sieht man den Splitter bei der Schwester, aber nimmt den Balken im eigenen Auge, die mangelnde Beziehung zu Jesus, nicht wahr.

Andererseits kann manches an der Freizügigkeit der Kleidung auszusetzen sein, aber das Herz stimmt. Das kann aber auch nie das Argument sein, Kleidung zu tragen, die bei Männern sexuelle Gedanken stimuliert. Ich kenne das Argument: Wenn Männer so komisch verdrahtet sind, ist das doch nicht mein Problem. Das wäre so, als wenn man sagen würde: Wenn jemand mit Alkohol zu kämpfen hat, ist das nicht mein Problem. Ich kann bedenkenlos meinen Wein vor seinen Augen trinken. Hier sagt Paulus in Röm. 14,21: „Es ist gut, keinen Wein zu trinken, noch etwas zu tun, woran dein Bruder sich stößt.“ Anstoß heißt nicht: Mein Verhalten passt dem anderen nicht, sondern es verführt ihn zur Sünde. Deshalb haben wir Verantwortung füreinander, uns nicht zur Sünde zu verführen, sondern uns darin zu bestärken, die Sünde zu hassen und den HERRN zu lieben. Deshalb soll die Gemeinde auch bleiben, was sie ist: reizarme Zone.

Autor

Thomas Powilleit